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Blossom vibes
Götterforum | New York | 2025

Manchmal hat man dieses Gefühl in New York, als wäre die Stadt mehr als nur Stein und Stahl. Als würden in den U-Bahn-Schächten nicht nur Ratten leben, sondern etwas Älteres. Etwas, das uns beobachtet. Ich meine nicht die Kameras an jeder Ecke – ich meine die anderen Augen. Die, die schon da waren, bevor die ersten Wolkenkratzer in den Himmel wuchsen.

Es begann an einem ganz normalen Dienstag. Zeus – nein, er nannte sich damals noch Jason – stand im Stau auf der Williamsburg Bridge und schlug wütend auf sein Lenkrad. Das Gewitter, das daraufhin über Manhattan ausbrach, war kein Zufall. Die Blitze krochen wie lebendige Wesen über die Fassaden, trafen genau die Dächer, auf die er wütend starrte. Er dachte sich nichts dabei. New York ist verrückt, das Wetter hier sowieso.

Zwei Blocks weiter sortierte Thea, die alle nur "die komische Cold-Case-Cop" nannten, Akten. Plötzlich begannen die Fotos der Opfer zu ihr zu sprechen. Nicht wirklich, natürlich. Aber sie wusste plötzlich Dinge, die sie nicht wissen konnte. Die linke Hand des Mörders war verletzt. Er hatte nach Zimt gerochen. Sie schrieb es auf, ohne zu verstehen warum.

Und dann war da Dean. Im Hinterzimmer seines Clubs "Bacchanal" goß er billigen Fusel in Plastikbecher, während seine Gäste tanzten wie Besessene. Keiner bemerkte, wie die Flaschen sich von selbst nachfüllten. Wie der Wein plötzlich nach Honig und Myrrhe schmeckte. Wie eine Frau ihn küsste und drei Tage lang nichts mehr aß – nicht aus Magersucht, sondern weil sie satt war. Satt von diesem einen Kuss.

Die Stadt selbst schien mitzuschwingen. In der 5th Avenue Library fand ein Student ein Buch über griechische Mythologie, in das jemand mit roter Tinte Notizen gekritzelt hatte. In altgriechisch. Der Bibliothekar schwörte, das Buch sei gestern noch nicht da gewesen. Im Community Garden in Harlem wuchsen über Nacht Pflanzen, die kein Botaniker bestimmen konnte – rankende Gewächse mit goldenen Beeren, die im Dunkeln leuchteten.

Sie nannten es nicht Magie. Nicht Schicksal. In New York gibt's für alles eine rationale Erklärung. Bis es keine mehr gibt.

Es war der Obdachlose vor dem Chrysler Building, der es als Erster aussprach. "Sie kommen wieder", murmelte er zu Jason, als der vorbeiging. "Aber sie wissen noch nicht, wer sie sind." Jason lachte, warf ihm einen Dollar zu. Dann sah er seinen eigenen Reflexion in einem Schaufenster – und für einen Sekundenbruchteil trug er einen Bart aus Sturmwolken.

Die seltsamen Träume begannen. Thea träumte von Eulen, die aus ihren Augen flogen. Dean von Reben, die ihm durch die Kehle wuchsen. Und Jason – Jason träumte von einem Thron aus Blitzen, auf dem jemand saß, der genau wie er aussah, nur älter. Viel älter.

In einer anderen Stadt wären sie vielleicht in Panik geraten. Aber das ist New York. Hier ist alles möglich, also warum nicht das? Warum nicht Götter sein, erwacht zwischen Foodtrucks und Feuerleitern?



That time's just holding me down
I gotten this feeling